Zur Deutung der Vorgänge beim Kampf zweier Hunde
Auf Drohverhalten, Imponieren und auf den ungeübten
Beobachter aggressiv wirkende Aktionen folgen laut Erik Zimen beim Hund „nur in
ganz seltenen Ausnahmefällen“ wirklich ernsthafte Beschädigungskämpfe. Solche
Kämpfe gebe es zwar, aber lautlos, ohne Ausdrucksverhalten und gleichsam
hemmungslos, und sie würden „außerdem niemals durch demutsvolle Unterwerfung
beendet werden“.
Die schwere Verletzungen vermeidende Zurückhaltung bei so
genannten Schaukämpfen deutet Zimen als ein erlerntes Verhalten: „Die Angst der
Tiere scheint hier eine ganz besonders wichtige Rolle zu spielen. Sie verhindert
in der Regel, dass fest zugebissen wird, denn darauf reagiert der Gegner
ebenfalls mit festem Beißen.“
Wer je das Aufwachsen gut sozialisierter, größerer Hunde
miterlebt hat, wird dieser Beobachtung zustimmen können: Wenn Herrchen oder
Frauchen dem Jungtier spielerisch die Faust ins Maul stecken, kaut es zunächst
vorsichtig, zunehmend aber kräftiger auf ihr herum, oft gefährlich knurrend und
mit arg gerunzelter Nase, ohne dass man sich vor dem jungen Hund ernsthaft
fürchten müsste. Man muss ihm aber dennoch deutlich zeigen, ab welcher
Bissstärke es zu schmerzhaft für den menschlichen Widerpart wird: „Ist der
Mensch von Tieren als Spielgefährte anerkannt, so kann er sich unbedingt auf
ihre 'soziale Beißhemmung' verlassen.“
Erik Zimen weist nach seinen jahrelangen Studien an Wölfen
und Hunden darauf hin, dass die Welpen erst die Grenzen des spielerischen
Kämpfens lernen müssen: „Die Beißhemmung beim Spiel der Welpen wie auch bei den
meisten Formen aggressiver Auseinandersetzung unter den älteren Wölfen wäre
demnach ein durch Lernprozess bedingter und auf der Angst vor Schmerz
beruhender Mechanismus, der Verletzungen im Rudel weitgehend verhindert.“
Eine angeborene Form der Beißhemmung erkennen Zimen und
andere Forscher daher nur im zurückhaltenden Verhalten ausgewachsener Tiere
gegenüber Jungtieren (vergleiche Kindchenschema). Außerdem kann man aus diesen
Studien ableiten, dass schlecht sozialisierte oder gar in ihrer Jugend
misshandelte Hunde, die nicht lernen konnten, dass eigene Zurückhaltung auch den
gegnerischen Hund (oder Mensch!) zur Zurückhaltung beim Schmerzzufügen
veranlasst, hinsichtlich ihrer Aggressivität unberechenbar gemacht werden
können.
Besonders kurios an der sich bis heute haltenden,
völlig falschen Deutung der Ausdrucksbewegungen von Hunden und Wölfen ist, dass
Erik Zimen seinen Lehrer Konrad Lorenz davon überzeugen konnte, dass dieser
einer Fehldeutung aufgesessen war. Erik Zimen (1988): „Um so mehr erstaunt es
mich, wenn ich heute noch bei manch einem unserer Hundeexperten tiefschürfende
Erörterungen über Halsdarbietung und Beißhemmung lese, und wie der Sieger
seinen Kontrahenten einfach nicht töten kann. Und dies noch oft mit einem
moralischen Unterton, wie zweckdienlich die Natur doch sei und wie schrecklich
der Mensch…“
(Quelle:Wikipedia)
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